Page 5 - stadtland magazin Mai 2020
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S T AD TLAND MA G A ZIN | MENSCHEN
am Ende des Fernsehgottesdienstes alle eingela- Kontakt mit der Gemeinde“, so Pfarrerin Ute Hatte die Krise auch etwas Positives?
den, Fenster und Türen zu öffnen und das alte Böning. Es gibt neuerdings einen Newsletter, Pfarrer Böning: Es ist beeindruckend zu se-
Kirchenlied „Christ ist erstanden“ erklingen zu mit dem wöchentliche Andachten und Infos aus hen, wie gut die Menschen, die sich sonst z.
lassen – in einer Gemeinschaft auf Distanz. der Gemeinde verschickt werden. Wer keinen B. beim Gemeindefrühstück oder in Gruppen
Aus der Friedenskirche schicken meine Frau, E-Mail-Zugang hat, erhält dies auf Wunsch treffen, untereinander Kontakt halten, vor al-
Pfarrerin Ute Böning, und ich in Zusammen- gern wöchentlich per Post zugesandt. Ich, Pfar- lem durch Telefonate. Und wie sie sich um-
arbeit mit unserem Kirchenmusiker Hendrik rer Böning, fotografiere sehr gerne, aber ins Fil- einander kümmern. Wir haben auch großen
Stahl wöchentlich kurze Andachten als Gruß an men und Schneiden wollte ich mich eigentlich Respekt davor, wie es vielen gelingt, ihre He-
die Gemeinde, um die Verbundenheit aufrecht- erst einarbeiten, wenn ich im Ruhestand bin. rausforderungen zu meistern, mit der Isolation
zuerhalten. Sie werden auf der Homepage So habe ich autodidaktisch Videoclips gedreht, fertig zu werden, oder das Familienleben und
www.ev-sendenhorst-vorhelm.de veröffentlicht. um Internetpräsenz anzubieten. Auf der Home- die Arbeit neu zu organisieren.
page und bei YouTube finden sich nun neben Viele Bereiche, die klassisch von Frauen übernom-
Auf was für Einschränkungen den Kurz-Andachten aus der Friedenskirche men werden, sind durch die Corona-Krise ganz
mussten Sie sich einstellen und wie auch Fotos, geistliche Impulse und Gebete. Wir neu in den Blick genommen und wertgeschätzt
haben Sie diese bewältigt? wollten bewusst keine Konkurrenz zu den an- worden. Der Respekt vor Dienstleistungen, vor al-
Ende März sollte das neue Presbyterium als Lei- sprechend gestalteten Fernseh-Gottesdiensten lem in der Pflege, soll unbedingt bleiben und sich
tungsorgan unserer Kirchengemeinde festlich anbieten, sondern ein kleines zusätzliches For- auch in finanzieller Anerkennung äußern.
im Gottesdienst eingeführt werden. Das musste mat. Die Rückmeldungen dazu sind sehr erfreu-
zunächst schnell auf Brief-Kontakte umgestellt lich, dies wird gern angenommen. Manche Menschen äußern auch
werden, damit wir ein rechtlich handlungsfähi- Mit den Konfirmand*innen halte ich Kontakt Gedanken wie: Wir sind jetzt doch mal
ges Gremium haben. Für die Sitzungen habe ich über eine Eltern-WhatsApp-Gruppe. Der Unter- wieder ins Nachdenken gekommen
Telefonkonferenzen eingerichtet. richt im März klappte beeindruckend gut über darüber, was wirklich wichtig ist.
Die gesamte Gemeindearbeit wurde sozusagen dieses Medium mit den Jungen und Mädchen. Ich weiß jetzt meine Beziehungen ganz
um 180 Grad gedreht: Neben den Gottesdiens- Sie erhalten außerdem z. B. die Anregung, Strea- neu zu schätzen. Was gibt uns Halt?
ten, Taufen und Konfirmationen mussten wir ming-Gottesdienste zu besuchen. Den Familien Pfarrerin Böning: Und auch für mich klingt Os-
alle weiteren Veranstaltungen absagen: Frauen- mit Grundschulkindern, die wir gerade erst zur tern jetzt nochmals wieder neu. So sehr ich mich
Gruppentreffen, Gemeindefrühstücke, Kinder- Kinderbibelwoche eingeladen hatten, haben wir am Gemeinde- und Familienfest freue, habe ich
bibelwoche, Konfirmandenunterricht und Kon- zu Ostern einen Osterbrief mit einem Kindergot- mich doch in diesem Jahr ganz besonders daran
firmationen, Kulturelles und vieles mehr. Auch tesdienst-Heft geschickt. Ebenfalls haben alle erinnert, wie Ostern anfing: Eine trauernde Frau
Besuche zu Geburtstagen wie beispielsweise im Mitarbeitenden einen Osterbrief erhalten. Neben ist die erste Zeugin der Auferstehung und erhält
St. Elisabeth-Heim und im St. Josef-Stift sind ja dem Telefondienst gibt es auch Ehrenamtliche, von Jesus den Auftrag, es weiter zu sagen.
nicht mehr möglich. die Einkaufshilfe anbieten. Natürlich stehen
Meine Frau und ich haben in Absprache mit dem meine Frau und ich weiterhin gern für Gesprä- Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Presbyterium folgende Formen der Gemeindear- che zur Verfügung, im Normalfall telefonisch, in Pfarrerin Böning: Ich hoffe, dass bald eine
beit organisiert. Die Glocken läuten – wie überall Notfällen bieten wir auch Besuche zu Hause an. Rückkehr in die Normalität möglich ist, Schule,
im Kirchenkreis Hamm und im Bistum Münster Beerdigungen in ganz kleiner Gemeinde und nur Arbeit, Besuche, Umarmungen usw. Ich hoffe,
– zusätzlich jeden Tag um 19:30 Uhr. Sie laden zu am Grab zu feiern – das war für mich sehr unge- dass dann die Freude an diesen scheinbar klei-
einem Vaterunser ein und zum Gebet für alle, die wohnt. Meine Frau kannte diese Form schon aus nen Dingen bleibt. Und das Bewusstsein, wie
es in dieser Krisenzeit schwer haben. ihrer Hammer Gemeindetätigkeit. Wir erleben verletzliche Wesen wir doch sind. Wie wenig
Meine Frau, die Seniorenarbeit und -Besuch als da etwas, was in Großstädten gar nicht so unge- selbstverständlich ist jeder Tag unseres Lebens,
Schwerpunkt ihres Dienstes in der Gemeinde wöhnlich ist. Leid tut es uns um die Brautleute, sind es die anderen Menschen, die wir lieben.
hat, schreibt wöchentlich Grußkarten an die die Trauungen angemeldet haben, sowie die Tau- Wie abhängig sind wir von der Natur. Vielleicht
Gemeindeglieder in den Seniorenheimen in fen, die geplant waren. Auch wenn manche die strahlt dieses Wissen aus auf die Bemühungen,
Sendenhorst und Vorhelm. Außerdem hat sie Termine aufrechterhalten, wird es in der nächs- den Klimawandel aufzuhalten. Und: Wir können
zusammen mit einer Reihe ehrenamtlich enga- ten Zeit wohl schwierig werden bzw. müssen die zusammen Krisen schaffen.
gierter Damen eine Telefonliste erstellt, um mit Feste verschoben werden. Pfarrer Böning: Durch den erzwungenen Kon-
Mitarbeitenden und Senioren regelmäßig im Es war uns bei allem wichtig, dass wir dies takt über das Internet werde ich die Internet-
Kontakt zu bleiben. „Viele hier in Sendenhorst auch mittelfristig aufrechterhalten können. Wir Präsenz der Gemeinde weiter ausbauen, um
und Vorhelm haben Unterstützung von Ver- müssen ja davon ausgehen, dass die Kontaktbe- Menschen auf diesem Wege neu anzusprechen.
wandten oder aus der Nachbarschaft, das läuft schränkungen – in welcher Form auch immer – Als Kirche hatten wir in diesem Bereich noch
sehr gut. Zugleich freuen sich viele auch über noch eine Zeit lang dauern. keinen Schwerpunkt.
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