Page 24 - stadtland magazin Juli 2022
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S T AD T GESCHICHTE   |  S T AD TLAND MA G A ZIN


          DIE NEUSTRASSE – OSTGRABEN – GARTENSTRASSE




          DIE HISTORISCHEN AUGENBLICKE                          Die ehemaligen Stadtgräben (Außen- und Innengräfte) sowie die Wall-
          Mit historischen Fotos verschönerte Stromkästen laden an   anlage wurden erst Ende des 18. Jahrhunderts zugeschüttet bzw. „ge-
          vielen Stellen zum Verweilen ein. Dazu gibt es dann auch   schleift“ und bebaut. Ein Stück ehemaliger Stadtwall ist sogar noch er-
          immer weiterführende Geschichten, die im Netz – oder hier   halten, der Judenfriedhof an der Ostenpromenade (ca. 300 Meter in die
          – präsentiert werden.                                 Promenade, dann rechts).

          Die Neustraße erfuhr seit ihrer Anlage im Jahre 1806 zahlreiche Namens-  Als nächstes Haus: Börger mit dem Elektrogeschäft Josef Linnemann.
          änderungen. Die neue Straße war nach dem Großbrand anno 1806 neu   Linnemann errichtete 1958 einen Neubau auf der anderen Straßenseite
          entstanden. Die Anlage führte durch zahlreiche Gärten, u. a. durch Buß-  und betrieb dort sein Geschäft.
          manns Garten. Zuerst wurde sie „Remisenstraße“ benannt. Die Remise
          ist ein Wirtschaftsgebäude, das in der Regel an der rückwärtigen Grund-  Im 2. Weltkrieg war im Haus Börger eine Wäscherei untergebracht. Hier
          stücksgrenze für Fahrzeuge oder Geräte errichtet wurde. Die Remisen-  befindet sich der Stromkasten „Historische Augenblicke“. Die elektrische
          straße wurde erstmals 1852 in Neustraße umbenannt.    Versorgung hat sich ebenfalls grundlegend geändert, wie man u. a. an
          Mit der Anbindung an die Gartenstraße (im Hintergrund) zur Eröffnung   der Laterne erkennt.
          des Bahnhofes und der Westdeutschen Landeseisenbahn im Jahr 1903   Es folgt eine Litfaßsäule, die bis in die 1980er Jahre dort stand, dann der
          erfuhr die Neustraße eine enorme Aufwertung. Wenn dann 2025 der Per-  Eingang Osten-Promenade.
          sonenverkehr mit der WLE wieder rollt, dürfte der Verkehr auch wieder   Folgt man dem Eingang der Promenade in Richtung Osten, so gelangt
          zunehmen. Bis zur Vereinigung mit Albersloh 1975 hieß die Gartenstraße   man zum einzigen erhaltenen Stück Stadtwall, dem „Wibbsenwall“. Hier
          übrigens Bahnhofstraße, musste aber dann wegen der Eindeutigkeit um-  liegt der zum Glück erhalten gebliebene jüdische Friedhof, der im Jahr
          benannt werden.                                       2015 wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
          1933 wurde die Neustraße als einer der ersten Entscheidungen der ört-  Erklärung Wibbsenwall: In dem Sand, aus dem der Wall bestand, befan-
          lichen Nazis in Adolf-Hitler-Straße umbenannt. Eine weitere Straße in   den sich zahlreiche Löcher, in denen die Wespen (Wibbsen) ihre Nester
          Sendenhorst wurde gleich nach der Machtübernahme umbenannt,   bauten.
          nämlich die Schulstraße in Horst-Wessel-Straße, nach einem führenden   Die Löcher waren durch Sendenhorster gegraben worden, die sich hier
          SA-Führer,  die  paramilitärische  Kampftruppe  der  NSDAP.  Gleich  nach   am Sand bedient hatten.
          Kriegsende erfolgte dann die Rückbenennung in Neustraße bzw. Schul-
          straße.                                               Wenn wir den Blick aus der Promenade wieder herauswenden, ist die
          Ein weiterer „historischer Augenblick“ auf der Neustraße ist weiter süd-  andere Straßenseite zu sehen:
          lich in Richtung Stadt zu sehen, gegenüber der ehemaligen Brennerei
          Everke, heute Friseursalon.                                                                         2.
          Wir sehen auf dem Bild die Neustraße (nördlicher Teil - östliche Seite)
          Anfang der 1960er Jahre. Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass
          sämtliche Gebäude auf dem Bild 2022 noch erhalten sind.
            1.













                                                                Westliche Straßenseite: Wohnhäuser Hoffmann, Jaspert, Thünenkötter,
                                                                Feidieker

                                                                Auf der westlichen Straßenseite Thünenkötter (im Bild vorletztes Haus)
          1.Bild (von rechts nach links):                       steht das einzige Haus, das auf der Außengräfte (Gräfte = ehemaliger äu-
          Zu sehen ist die ehemalige Spar- und Darlehenskasse, diese ist 1968 als   ßerer Stadtgraben) errichtet wurde. Bis auf die Ausfallstraßen und dieses
          Volksbank an die Kirchstraße umgezogen. Später war hier das Diözesan-  Teilstück an der Gartenstraße entlang bis zur Nordstraße, bildet der ge-
          Büro der DPSG – Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg – untergebracht.   samte Promenadenring um Sendenhorst einen vollständigen Grüngür-
          Es folgt der Ostgraben.                               tel. Warum das so ist, ist mir bis heute leider nicht bekannt.



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